Wolfgang Schäfer wurde beim Germann Offshore Owner Award mit dem Life Time Award für sein seglerisches Lebenswerk ausgezeichnet. Foto: Hinrich Franck

Life Time Award für Dr. Wolfgang Schäfer

Bei der Verleihung des German Offshore Award in Hamburg wurde Dr. Wolfgang Schäfer, der über Jahrzehnte mit seinen verschiedenen Yachten – alle auf den Namen „Struntje“ getauft – fester Bestandteil der deutschen Hochseeregattaszene war, mit dem Life Time Award für sein seglerisches Lebenswerk ausgezeichnet. Die sehr persönliche Laudatio hielt Albert Schweizer, langjähriger seglerischer Wegbegleiter des mehrfachen Admiral’s Cup Teilnehmers und späteren Farr 40 Weltmeisters. Zudem saß Schweizer über 15 Jahre zusammen mit ihm im DSV-Seesegel-Ausschuss, dessen Vorsitzender Schäfer war. Der Lüneburger Arzt, der zusammen mit seiner Frau Angela nach Hamburg gereist war, wurde von der Ehrung völlig überrascht.
Die Laudatio von Albert Schweizer:

„Ich war am ersten Hochseeseglerabend in Hamburg im Jahre 2008 eingeladen durch die German Offshore Owner Association mit ihrem Sitz in Hamburg. Was war das für ein herrlicher Abend mit gesetztem Essen und vollem Abendprogramm bis weit nach Mitternacht, und mir war damals klar, es ging da mehr als nur um Hamburg und Bremen wegen des traditionellen Hochseeseglerabends, der in Bremen schon ziemlich lange seine Heimat hatte. Nein, hier ging es um das beherrschende Thema Vermessung: IRC und ORC. Es ging um 15 bis 20 Yachten, schnelle, schöne Schiffe, und ihre Eigner, die plötzlich in der GOOA ihre Heimat hatten.

Dies war natürlich ein Affront für die ORC-Vermessung und den DSV, hier trafen zwei Welten aufeinander, IRC auf ORC. IRC dominierte vor allem in England, ORC in Deutschland, und dann ist man als Segelmacher in der Mitte, man möchte natürlich die Neutralität wahren und es jedem Kunden Recht machen. Das ist die berufliche Pflicht. Aus heutiger Sicht empfinde ich es als echtes Luxusproblem, denn wir kämpfen gerade im Moment um das wirklich nackte Überleben an der Küste im Norden Europas. Das Hochseesegeln wandert immer mehr ins Mittelmeer ab, und es ist gar nicht so einfach, die Jugend zu motivieren. Aber heute Abend ist die Crew der „Löwe von Bremen“ mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet worden. Es ist ein wunderbares Beispiel für gelungene Nachwuchsarbeit, und auch die HVS ist mit ihrem Booten und Yachten auf einem guten Weg – also sind wir für den Bereich Jugend mal optimistisch.

Nun zurück zu unseren zwei Formeln. Da gab es zwei engagierte Kämpfer für die verschiedenen Fronten. Der eine war Volker André – Gott hab‘ ihn selig – für das IRC-Lager und Doktor Wolfgang Schäfer für die ORC-Front. Man schenkte sich damals nichts. Es wurde fleißig Politik gemacht. Es wurde Überzeugungsarbeit geleistet, und jeder fand, dass er auf dem richtigen Weg war. Und genau dann kommt eine Person ins Spiel, die es besser nicht hätte schlichten können, nämlich durch sportliche Leistung: Felix Scheder-Bieschin hatte an dem Abend den 1. Senatspreis mit seiner „Vineta“ erhalten für sein unglaubliches Middle Sea Race um Malta und den Stromboli herum. In einem der stürmischsten, schnellsten und aufregendsten Middle Sea Rennen, welches die damalige „Rambler“ aus den USA in Rekordzeit sowohl nach gesegelter als auch berechneter Zeit gewinnen konnte. Die „Vineta“ war zwei Tage lang nach berechneter Zeit immer um Sekunden mal vor und mal zurück. Schlussendlich ist sie dann mit einem hervorragenden fünften Platz aus dieser Wettfahrt hervorgegangen.

Heute Abend nun geht es um Wolfgang Schaefer, der in Kiel mit dem 470er das Jollen-Segeln begann und sich dann immer mehr in das Yachtsegeln hineingearbeitet hat. Mit seiner damaligen Freundin und Lebensgefährtin Angela Havemann war er dann an Bord auf der „Strier“ von Schwiegervater in spe, Professor Doktor Havemann. Nach ihrer Heirat segelten beide weiterhin auf der „Strier“, damals ein Schwesterschiff der „Saudade“ von Albert Büll aus Hamburg, die bei Huisman in Holland gebaut wurde. Und nachdem alles schon vorhanden war, wurde gleich hinterher die „Struntje“ auf Kiel gelegt.

Eine extrem erfolgreiche Zeit. Vor allen Dingen in den Anfangsjahren des IMS-Vermessung (der ORC-Nachfolge) hat die „Struntje“ alles gewonnen, was man auf Ost- und Nordsee so gewinnen kann – unter anderem gab es auch eine erfolgreiche Teilnahme am Rolex Fastnet Race.
Ich selbst kann darüber berichten, dass ich 1975 bei meiner ersten Nordseewoche in der Segelmacherei am Starnberger See mit vielen anderen unsere Kleinbusse mit diversen Segeln gepackt habe, die in den Norden mussten und zwar rechtzeitig zur Nordseewoche. Eckart Wagner war mein Mentor und rief ganz laut von oben aus seinem Büro: „Albert kümmere dich persönlich um die Genua vom Fruchtwasser-Kapitän.“ Den Namen hatte ich noch nie gehört. Meine Kollegen sagten: „Mensch, der steht schon auf der Liste da ganz vorne mit dem Schiffsnamen ‚Struntje‘“.

Albert Schweizer, langjähriger seglerischer Wegbegleiter des mehrfachen Admiral’s Cup Teilnehmers und späteren Farr 40 Weltmeisters hielt die sehr launige und treffende Laudatio. Foto: Hinrich Franck

Und ich sollte mir auch die Lieferscheine persönlich von Professor Doktor Havemann abzeichnen lassen. In Cuxhaven übergab ich das Segel dann an einen gewissen Wolfgang Schäfer, der sagte: „Schon gut, gib mal her, ich unterschreibe das und sag meinem Schwiegervater Bescheid.“ So lernten wir uns kennen. Mit der „Struntje light“ folgte eine extrem gute Zeit. Die Ex-„Rubin 14“ war ein echter Renner von Judel Vrolijk. Wolfgang Schäfer beschrieb es so: „Tourenwagen mäßiger Amateursport“.

Dass Wolfgang Schäfer, wenn er was macht, es immer perfekt macht, ist völlig klar. Und da muss man auch seine Frau Angela voll mit einbeziehen. Sie ist nicht nur eine unglaublich gute Seglerin, sondern auch eine hervorragende Navigatorin und an Bord nicht wegzudenken; ohne Angela würde Wolfgang nicht segeln, und sie ist in der Crew wie auch bei der internationalen Konkurrenz extrem beliebt, weil sie sich einfach mit ihrer Art und Weise hervorragend in das Team einfügt.

Und dann ist da auch noch Francesco Bruni, der Italiener, der beliebte Mann bei Prada Pirelli, der wie James Spithill zu den echten Rockstars der internationalen Segelszene gehört. Sie stehen stellvertretend für zwei klare Aussagen, was bei „Struntje“ an Bord so abläuft. Ich hatte die Chance, mit Francesco, den ich auch persönlich gut kenne, ein kurzes Telefonat zu führen, bei dem er mir mit großem Respekt Folgendes sagte:
„Doctore Wolfgang ist nicht der Segler wie wir, Albert, der das Boot mit dem Hintern segelt und spürt. Nein, er macht es anders, ganz klar mit dem Kopf. Dafür benötigt er perfekt kalibrierte Elektronik. Mit diesem Set kann ihn nichts aufhalten, wie seine Ergebnisse immerzu zeigen. Seine internationalen Rockstars, die mit ihm segelten, sind sich einig. Mit super kalibrierten, elektronischen Geräten ist er der weltbeste Steuermann und kann sich selbst bei der dritten Wettfahrt am Nachmittag am selben Tag noch vollständig konzentrieren, als wäre es gerade in den Regattatag gegangen. Er hat eine außergewöhnliche Fähigkeit, seine Leistung von einem zum nächsten Rennen zu wiederholen. Einige treue Segel- und Weggefährten sagen ganz klar, dass er vielleicht nicht der beste Skipper ist. Das ist ihm völlig unwichtig. Aber er ist ein brillanter Kapitän, und das spricht so bildlich für das klare Regime an Bord: Das Vorschiff war immer die Bronx und das Achterschiff ganz klar Beverly Hills.“

Mit seiner „Struntje“ war Wolfgang Schäfer 2022 anlässlich der 100 Jahre Nordseewoche wieder am Start und hat prompt auch wieder hervorragende Ergebnisse erzielt. Im Rahmen der Nordseewoche wurde er von DSV-Präsidentin Mona Küppers für seine Verdienste um den Deutschen Hochseesegelsport geehrt. Und ORC-Präsident Bruno Finci (Italien) hat Schäfer für sein Engagement im Management Committee und als Vice Chairman des ORC gedankt und bei der 53. Sitzung einen Silberteller mit Gravur überreicht.

An dieser Stelle bedanke ich mich bei allen, die dazu beigetragen haben, die Laudatio in eine vernünftige Bahn zu lenken, mit schönen Anekdoten und auch den wichtigen Eckpfeilern, die Dich, lieber Doktor Wolfgang, beschreiben. Mein Dank gilt Sönke Petersen, Robert Jacobsen und Friedrich Hausmann sowie vielen anderen Seglern und Weggefährten.

Man hätte es sich vor 17 Jahren nicht vorstellen können, aber heute ist alles gut, alle IRC-ORC-Wogen sind geglättet, und man zieht gemeinsam an einem Strang. Damit geht der diesjährige German Offshore-Owner-Lifetime-Award an Dr. Wolfgang Schäfer. Herzlichen Glückwunsch!“
Wolfgang Schäfer widmete den Applaus, den Preis und die Anerkennung des Publikums seiner Frau und stetigen Mitseglerin Angela und schloss mit den Worten: „Herzlichen Glückwunsch, Angela!“ (hel)